2017 - Shkodra - Albanien

Building bridges - go4peace in Albania

Friedenscamp mit Jugendlichen aus 12 Nationen

10.-22.08.2017

 

Es ist Sonntag, der 20. August 2017 - kurz vor fünf Uhr morgens. Von fern höre ich den Gebetsruf des Muezzin. Es ist warm, sehr warm. Schon jetzt – in der Frühe des Tages – ist das Thermometer auf weit über 30 ° geklettert. Es sind erneut Temperaturen von über 40 ° zu erwarten. Noch liege ich auf dem Bett im kleinen „Friedensdorf“ von Shkodra in Albanien in einer kleinen Holzhütte. Gebaut worden war dieses Friedensdorf von der katholischen Kirche der Diözese Shkodra für Flüchtlinge aus dem Kosovo während des zweiten Balkankrieges Ende 1999. Nun hat es 100 jungen Menschen aus ganz Europa für das go4peace-Camp 2017 einen wunderschönen Ort der Begegnung bieten können.

Meine Gedanken wandern ein paar Stunden zurück. Von 19-22 Uhr hatten wir am Vorabend dieses Sonntags mitten im Herzen von Shkodra im Norden des Landes  auf dem Platz vor der Kathedrale die Performance „go4peace“ aufführen können. Tänze, Lieder, Vernetzungen, Erfahrungen hatten wir über 2000 vorrangig jungen Menschen präsentiert und damit das Herz dieser jungen Menschen spürbar erreicht. Nach dem Konzert hatte uns Schwester Loredana, eine  Mitschwester von Schwester Rita Ndoci, die für die Jugendarbeit der katholischen Kirche in Albanien Verantwortung trägt, wissen lassen: „Für Albanien war dieser Abend, total außergewöhnlich. Er war super –super- super!“ Lorenzo und Angella, zwei Moderatoren des lokalen Rundfunks, hatten albanisch- und englisch-sprachig durch das abendliche Programm geführt. Mit ihrer jugendlich begeisternden Art waren ihnen Brückenschlage ins Herz des Publikums gelungen. Am Ende des Abends hatte Mike aus Irland die Botschaft des Friedens verlesen, die wir mit 100 jungen Menschen eine Woche lang gelebt und erlebt hatten.

We arrived at this camp go4peace 2017 as people from different countries and cultures; from the North and the South, from the West to the East of Europe.
We discovered that peace is a task which needs to be done. So we started to build up bridges between all of us. This means, to see in the other one our brother and sister, and to create such a relationship to him or her; so we began to live like a big family.

If you really love one for another, peace will be the fruit. We are convinced, that this peace is given by God. It’s living in our own hearts and between of us.  “Blessed are the artisans of peace”, that is, those who make peace. This requires passion, patience, experience and tenacity, as Pope Francis has told us.
We want to become a new generation full of passion for peace because we are brothers and sisters.
Please join us. We count on you. Let’s go4peace!“

Nuntius Charles John Brown, seit wenigen Monaten in Albanien tätig, Erzbischof Angelo Massafra ofm,  wie auch die Bürgermeisterin der Stadt Shkodra, Voltana Ademi, waren gekommen und zeigten sich erfreut über das bunte, perfekt dargebotene Programm auf der Bühne. Als die eigens für das Camp gegründete Band crossover „Our God is an awesome God“ (Unser Gott ist ein genialer Gott) mit kräftiger Stimme sang, sprang die Begeisterung der jungen Friedensstifter auf alle über.

„Don’t stop giving!“ hatte eines der morgendlichen Mottos geheißen, das uns Tag für Tag half, dem Lebensstil Jesu – vermittelt durch seine Worte im Evangelium – zu folgen. Für die Musikgruppe war das eine echte Herausforderung gewesen. Die Musiker, die sich im Camp zum ersten Mal sahen, kamen aus Albanien, Kamerun, Slowenien, Spanien und Deutschland. Tag für Tag hatten sie worshipping-Lieder und säkulare Musik geprobt, total professionell. Und dann sollte am Samstagmorgen in der General-Probe alles auf die Bühne gebracht werden. Allerdings war weder die Bühne noch der große Background-Screen zur abgesprochenen Zeit fertig aufgebaut – für deutsche Mentalität eine echte Herausforderung – eine Schule des Vertrauens. Und dieses Vertrauen, dass,  wenn wir unser Talent ganz geben, Gott die 99 % dazu gibt,  wurde nie enttäuscht.

Dieses Vertrauen war auch gefragt, als uns wenige Stunden vor unserer Abfahrt aus Deutschland – beim Abholen von drei Leih-Fahrzeugen – mitgeteilt wurde, dass die geliehenen Fahrzeuge weder nach Montenegro noch nach Albanien fahren dürften. Strikte Absage! Wie sollten wir die Jugendlichen dann auf den Balkan bringen? – Bange Stunden. – Nach einigen Telefonaten war eine Lösung gefunden: Wir würden nicht die „Ferien-Route“ an der Adria entlang nehmen, sondern über Sarajevo fahren. Die geliehenen Fahrzeuge würden wir im Jugendzentrum Johannes Paul II. in Sarajevo lassen und dann mit einem kleinen Bus weiter nach Montenegro fahren. Das bescherte uns auf der Reise ein tolles Frühstück in Sarajevo und eine Weiterfahrt nach Albanien mit einem Bus, der im gebirgigen Montenegro an Steilstrecken nur 20 km/h fahren konnte. Wir blieben zusammen, hielten durch und erreichten nach 37 Stunden reiner Fahrzeit Shkodra – zusammen mit der Gruppe aus Österreich, die in Graz zu uns gestoßen war.

Viel Zeit zum Verschnaufen hatte es nicht geben können, da alle anderen Gruppen schon angekommen waren – aus dem Kosovo und aus Albanien, aus Slowenien, Bosnien-Herzegowina und Polen, aus Kroatien, Spanien und Irland. Nach der Aufteilung in kleine internationale Wohngruppen – es lebten jeweils junge Leute aus 2-3 verschiedenen Ländern in den kleinen Holzhäusern des Friedensdorfes zusammen – gab es ein erstes Kennenlernens- und Absprachetreffen. Jeder Camp-Teilnehmer bekam einen Guardian-Angel – einen Schutzengel. Dieser „Engel“ war eingeladen, seinem Schützling im Verlauf des Camps immer neu kleine Zeichen und Botschaften der Verbundenheit in einen kleinen Briefumschlag an der „Schutzengelwand“ zu stecken.

Am Sonntag war die ganze Gruppe zur Entdeckungstour in die Umgebung eingeladen. An der Wallfahrtskirche „kisha e zojes“ begann der Tag. Auf den Stufen vor einer Marien-Statue sitzend galt es den richtigen Umgang mit den Worten Jesu zu lernen. In einer reizüberfluteten schnelllebigen Welt drohen diese „Worte des Himmels“ unter den vielen anderen unterzugehen und gar nicht bis zum Herzen vorzudringen. Ein Blick in die Natur half. Die Kuh kam in Blick. Nachdem Kühe genüsslich saftiges Grass gefressen haben, liegen sie bekanntlich faul auf der Wiese und nehmen sich genügend Zeit zum Wiederkäuen. Das Motto für diesen Tag war schnell gefunden: „Be cool – be cow!“ Neben dem Erleben des Vielerlei galt es immer wieder Augenblicke der Ruhe und des „Wiederkäuens“ zu finden, um das nicht verlorengehen zu lassen, was uns von Gott geschenkt wurde – an innerem und äußerem Leben.

Oben auf der Burg angekommen, gab es eine Geschichtsstunde  über die Historie Albaniens und dann empfingen uns Kinder – vorrangig aus dem Armenviertel Fermentim, in dem die Schwestern-Kommunität von Schwester Rita arbeitet – mit traditionellen albanischen Tänzen. Die Freude an ihrer Kultur war den Kleinen, in bunte albanische Trachten gesteckt, schnell anzumerken. Sie blieben mit ihrem Tanz nicht allein. In wenigen Augenblicken waren ganz viele aufmerksame Schüler aus der bunten go4peace-Gruppe um sie versammelt. Spielerisch brachten die Kinder ihnen die Schrittabfolge der Tänze bei.  Weitere  Etappen dieses Tages waren für alle Camp-Teilnehmer das Museum des christlichen Glaubens an der Kathedrale – hier gab es auch eine Begegnung mit der Erinnerung an die 39 selig gesprochenen albanischen Märtyrer, die unter dem Kommunismus ihren Glauben mit dem Leben bezahlt hatten - das Marubi-Museum, das „Museum of memory“, in dem an die Gräuel des Kommunismus erinnert wurde und der Besuch einer Moschee. Voller Eindrücke klang der Tag abends mit einer Messe und einem festlichen Essen im Friedensdorf aus.

31 verschiedene Workshops gaben den Teilnehmenden im Verlauf der Woche Gelegenheit, miteinander und mit Leuten vor Ort in Kontakt und ins Gespräch zu kommen. Über 100 Kinder wollten Tag für Tag in Fermentim beschäftigt werden – eine echte feurige Dynamik des Lebens. Das Haus einer Familie wurde mit neuem Boden und neuem Dach versehen, kleine Friedensmahner und Schlüsselanhänger wurden gefertigt, im Kindergarten wurde der Fußboden neu verlegt und die Wände erhielten kindgerechte Bemalung, in einem interreligiösen Workshop ging es um das Miteinander der Religionen auf dem Balken, bei einem Besuch im Frauen-Fokolar in Tirana kam es zu einem lebendigen Austausch darüber, wie die Worte des Evangeliums Leben verändern können. Bäume wurden für einen Friedenswald gepflanzt, Friedensmahner erneuert. In einer weiteren Gruppe begegneten Jugendliche Kindern mit besonderen Bedürfnissen, die von den Schwestern von Mutter Teresa betreut wurden. Viele der kleinen Holzhäuser im Friedensdorf erhielten einen neuen Anstrich. In weiteren Workshops ging es um die Geschichte des Judentums in Albanien und Fatbardha Saraci erzählte von Erfahrungen aus den kommunistischen Arbeitslagern.

Organisiert war das alles durch die Vorbereitungsgruppe um Schwester Rita, Artemida und Pavlin. Im Zusammenspiel mit Elona, Emi, Izabela, Walmir, Rudolf und Amela leistete diese Gruppe großartiges. Zum ersten Mal hatten sie sich einem solch großen Unterfangen gestellt und waren dabei richtig professionell geworden. Und bei allem – auch in der größten Hitze - war immer ein Lächeln auf ihren Gesichtern. Echte Zeugen eines gelebten Miteinanders und Füreinanders in Europa und für Europa. Diese Dynamik gab Hoffnung, jedem, der ins Camp kam.

So auch Christoph und Tobias, die von der Firma 18frames aus Hamburg zu uns stießen. Mit ihnen hatten wir die Kampagne „Yourope“ überlegt. Europa – in den Rahmenbedingungen der EU durch den Brexit und andere erstarkende Nationalismen ins Wanken geraten – sollte von jungen Europäern her eine positive Dynamik erhalten. So entstand im Camp der Yourope-Trailer, der in schneller Abfolge vor schwarzem Hintergrund die Gesichter der  Camp-Teilnehmer zeigt. Sie lassen den Betrachter verstehen, dass es über 75 Millionen junge Leute in Europa gibt, die gerufen sind, ihre Stimme für ein geeintes Europa zu erheben. „It’s time for us to raise our voices, cause united, we can make a difference!” ist da zu hören. („Es ist Zeit, unsere Stimme zu erheben, denn nur vereint können wir etwas bewegen!“)  Am Ende des Trailers laden die Jugendlichen die Jugend Europa sein, kurze Videos zu erstellen, beginnend mit dem Satz: „I show my face…“ – Ernst und lustig ist angesagt, nachdenklich und provozierend… Als ich mit Amela auf dem Weg zur Kathedrale bin, legt sie sich ein kleines Maskottchen aus meinem Auto - einen Elch aus Schweden - auf die Schulter und nimmt  ihr Video mitten im Tagesgalopp auf: „I show my face, because I am from Albania, studying in Austria, sitting in a french car with a german driver and a little friend from Sweden.“ Nachdem der Trailer eine knappe Woche im Netz steht, haben ihn schon über 150 000 Personen gestreift und über 50 000 den ganzen Trailer angeschaut. Ein neuer Brückenschlag von jungen Europäern für den alten Kontinent Europa nimmt Fahrt auf!

 

Auf der berühmten osmanischen Mes-Brücke vor den Toren Shkodras hatten wir am Beginn des Camps mit allen Teilnehmern einen Augenblick verweilt und unser Engagement für den Frieden in Blick genommen. Mit allen Teilnehmern – muslimisch, evangelisch, katholisch oder weltanschaulich anders orientiert -  hatten wir uns Hand in Hand zu einer Menschenkette verbunden und in einigen Augenblicken der Stille in das Geheimnis Gottes gestellt – betend und schweigend. Es war ein Augenblick tiefen Miteinanders gewesen, wie eine Verdichtung des Lebens. In dieser verdichteten Atmosphäre hatte der „Funke des Wortes“ besonders sich entzünden und wirken können. Rückblickend erzählen einige der go4peace-Campler von dem, was ihnen in der Zeit des Camps geschenkt worden ist:

„Eine besondere Erfahrung des Camps war für mich das enge Zusammengehören von Tiefen und Höhen. Als in Bezug auf unsere Band im Laufe der Woche immer mehr Schwierigkeiten auftauchten, organisatorisch Probleme hinzukamen und ich zunehmend meine Stimme verlor, war für mich am Freitagabend ein Moment tiefer Traurigkeit, Schwäche und Kraftlosigkeit. Ich konnte einfach nicht mehr. Ich saß unter dem Baum vor dem Hauptgebäude im Camp und mir kamen die Tränen. Ich konnte nur noch alles "nach Oben" abgeben und Gott machen lassen. Und was hat er am Samstagabend dann daraus gemacht...???   Gleichzeitig alles geben und dennoch alles Gott machen lassen - das ist eine der Erfahrungen, die mir aus dem Camp noch sehr präsent ist.“

„Ich habe es sehr genossen, dass wir gemeinsam Messen gefeiert, gebetet und nach dem Evangelium zu leben versucht haben. Da ich sehr religiös erzogen wurde, aber Studiums bedingt so fern von meiner Familie lebe, hatte ich stets das Gefühl mich vom Glauben zu entfernen. Auch obwohl ich immer stolz auf meinen Glauben war und hin und wieder zu Gott gebetet habe und gerne mit meinen Eltern dann mal in die Kirche ging, wuchsen in mir Gefühle von Zweifel und Traurigkeit. Diese Woche war für mich und meinen Glauben eine Wohltat. Inmitten junger Menschen und in dieser offenen Art und Weise, habe ich große Kraft schöpfen können. Viele Momente haben mich sehr berührt und ich habe eine ganz intensive Emotionalität erreicht, die ich selbst noch verarbeiten muss. Neben dem Glauben stand für mich in diesem Camp auch das Sich-Schenken-für-andere im Mittelpunkt. Die Teilnahme an den Workshops tat nicht nur den Geholfenen gut, sondern auch meiner eigenen Seele. Ich bin sehr dankbar für die Gelegenheit, anderen und ärmeren Menschen unter die Arme greifen zu können und darüber hinaus eine Bindung zu ihnen aufzubauen. Das kleinste Mädchen aus der Familie, denen wir beim Hausbau geholfen haben, habe ich ganz fest in mein Herz geschlossen. Als ich schon dachte, dass ich sie nicht wiedersehen werde, stand sie beim Final Event plötzlich vor mir und sprang mir in die Arme. Die Kleine in meinen Armen zu tragen, wie sie sich an mich drückte, das alles bringt mich zum Lachen und zum Weinen.“

„Als die Kids aus Fermentim am Samstagmittag bei der Generalprobe auf mich zugelaufen kamen und mich in ihre Arme schlossen, war das für mich einer der bewegendsten Augenblicke in diesem Camp. Ich bin so tief berührt von diesem Augenblick und den Begegnungen mit diesen Kids, von ihrer Fröhlichkeit und Herzlichkeit. Die Woche zusammen mit ihnen hat eine tiefe Verbundenheit gebracht und ein Zeichen des Friedens gesetzt. Ich bin mir nun sicher, dass Gott große Dinge für mich getan hat und ich mit meiner Person genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort war.“

„Als ich vor einem Jahr mitbekam, dass das nächste go4peace Camp in Shkodra stattfinden wird, konnte ich es nicht glauben. Ich habe eine ganz kritische Haltung gezeigt, weil ich selber aus Albanien komme und die Mentalität des Landes kenne. Gleichzeitig war ich sehr froh, dass wir die Friedensbotschaft in mein Land bringen würden. Während der Vorbereitungen für das Camp, habe ich, so gut ich konnte, aus der Ferne geholfen, aber mein Herz sagte mir: Das ist nicht genug! Deshalb war es klar für mich, dass ich mich im Camp ganz für die anderen einsetzen und vor Ort helfen würde. 

Die ersten zwei Tage gingen relativ gut bis die Workshops kamen. Als die Workshops kamen, herrschte Unruhe im Leitungs-Büro. Alle schienen wegen kleiner Probleme irgendwie verzweifelt zu sein. ‚Willkommen im Chaos!‘ dachte ich mir. ‘Ich hab’s doch gewusst, dass es nicht funktionieren wird!‘ war mein zweiter Gedanke. Ich weiß, dass ich vom Charakter her  eine ‚Drama-Queen‘ werden kann, aber für mich galt es dran zu bleiben und den Leuten zu helfen. Vertrauen war angesagt. Mehr konnte ich sowieso nicht machen. ‚Wir halten fest zusammen!‘ habe ich dem Team gesagt. Und dann entwickelte sich alles total positiv, ganz anders, als ich es in meinem Kopf durchgespielt hatte.

Die nächsten Tage gingen dann wieder besser. Das Final-Eve Konzert war auch ganz schön heikel für mich, zumal ich auf der Bühne die onword-App den jungen Albanern vorstellen und die ‚Yourope‘- Kampagne erklären sollte. Ich war sehr aufgeregt, weil alles ‚perfekt‘ laufen sollte! Und dann war ich ganz überrascht, dass wir am Ende eines chaotischen Vorbereitungstages die Friedensbotschaft an tausende von Jugendlichen in Shkodra erfolgreich weitergeben konnten. In den Augen des Publikums war echte Freude zu sehen! Die Liebe war stärker als alle die Hindernisse in der Vorbereitung! Das Camp und diese Tage in Albanien haben mir persönlich sehr gut getan. Ich habe in meiner Hilfslosigkeit, in manchen Situationen, die Liebe und Gnade Gottes echt spüren und sehen können. Dafür bin ich Gott sehr dankbar!“

„Der schönste Moment war die letzte Messe am Sonntag. Ich durfte meine Gefühle mit euch teilen und ich hab die starke Bindung unter uns gespürt. Ich war so glücklich. Ich war die ganze Zeit über so glücklich und konnte jeden Moment im Camp genießen. Ich kann es eigentlich gar nicht in Worte packen, wie sehr ihr mir alle ans Herz gewachsen seid. Mein Geburtstag im Camp war wirklich einer der Schönsten und ich erzähle mit einem Strahlen in meinen Augen von unserer tollen Zeit in Albanien.  In der Zeit habe ich gelernt, dass es um ganz wesentliche Dinge im Leben geht und die einfachen Dinge schnell vergessen werden.“

 

 

„Im Laufe des Camps und vor allem im Laufe der sehr einsamen und daher kontemplativen Rückfahrt, bin ich zu der Erkenntnis gekommen, dass alles kaum ein Zufall war - sondern Gottes Erfüllung einer Bitte, die ich regelmäßig in meine Gebete einschließe - der Bitte darum, meinen Glauben zu stärken, ihn im Alltag lebbarer und irgendwie ‚tatsächlicher‘ werden zu lassen. Immer mehr hatte ich den Eindruck, dass mein Glaube sich zu sehr von meiner alltäglichen Lebenswirklichkeit, die sich in einem streng säkularen Umfeld abspielt, getrennt hat. Ich betete regelmäßig und besuchte auch ab und an Messen, aber - und ich glaube das ist eine große Gefahr, gerade bei Katholiken - es wurden irgendwie immer leerere Rituale. Mein Arbeits- und Privatleben war das eine; dieses vielleicht fünfminütige Ritual am Abend, das mit dem Kreuzzeichen beginnt und endet, war das Andere. Ich habe mich im Alltag sozusagen kaum noch als Christ begriffen. Das klassische Theodizee-Problem - viel persönliches und bei anderen mir lieben Menschen erfahrenes Leid, das sich trotz aller Gebete einfach nicht abstellen wollte - kam hinzu.

Und nun bin ich seit Sonntag der festen Überzeugung, dass Gott meine Bitte erhört hat und mich zu ihrer Erfüllung für eine Woche in dieses Camp geschickt hat. Ich hatte selten oder noch nie ein so starkes Gefühl der Übereinstimmung und der "Passung" wie in den abendlichen Messen im Camp. Das waren eben keine leeren Rituale vor beeindruckender Kulisse, sondern gelebter, tiefer Glaube in einem kahlen Raum, der mich sofort mitgerissen hat. Deine Ausführungen zum Leid und zur Begegnung mit Jesus im Leid, haben mir sehr viel gegeben, ich habe noch lange Zeit darauf herumgekaut ("be cool - be cow"). Ich werde nie zu einhundert Prozent mit der Kirche einverstanden sein und ich glaube auch, dass ich einige deiner Glaubensüberzeugungen nicht mittragen kann, aber du hast in deinen Predigten und Gesprächen etwas in mir freigelegt, das lange verkrustet war. Ich bin nach dieser Erfahrung wirklich stolz, mich in Gemeinschaft mit dir, allen anderen, die ich im Camp kennen lernen durfte und letztlich mit Jesus selbst - einen Christen nennen zu dürfen.“

Rita Ndoci, die nach der Zeit des Kommunismus Gott kennen gelernt und sich für ihn entschieden und die ihren Ort im Orden des Bon Pastore Gésu (Orden des guten Hirten Jesu) gefunden hat, schrieb via WhatsApp: „Ich habe mich sehr verstanden und von euch unterstützt gefühlt – so wie bisher noch nie! Ich bin sehr dankbar für die gemeinsam gelebte Zeit! Gehen wir weiter! Andiamo avanti!“ – Brückenschläge eben - zwischen Ost und West, Nord und Süd, oben und unten, unten und oben!

                                                               28 – 08 – 2017 meinolf wacker

Gastfreundschaft


Tritt durch den Spalt,

atme de Ordnung,

lerne am Herd

die Würdes des Gastes

und empfang

in der Fülle der Gaben

deren königliche:

anvertrautes Leid.

                    Klaus Hemmerle